Leitung

Matthias Bölts
Bildschirmfoto 2018-04-18 um 14.03.09

Im Konzert als Liedbegleiter oder Chorleiter suche und versuche ich immer wieder neu, die Musik „Ereignis“ werden zu lassen. Damit meine ich einen Zustand, in dem Musiker und Zuhörer in einem gemeinsamen Geschehen an die höheren Kräfte der Musik angeschlossen sind. „Es“ kann dann geschehen, sich ereignen. Dafür ist mir die Entwicklung einer neuen Hörkultur ein zentrales Anliegen in der Arbeit mit den Studenten, in der es darum geht, das Hören als aktiven und schöpferischen Vorgang zu entdecken und auszubilden. Dem entspricht als „Tonkultur“ die Fähigkeit, die Töne nicht nur selber hervorzubringen, sondern ihnen die Bedingungen für ihr Kommen und Erscheinen zu schaffen und sie gleichsam aus dem Raum „einzuatmen“ – im Sinne von „inhalare la voce“.

Mein Impuls bei der Gründung von MenschMusik Hamburg war die Schaffung einer freien Musikakademie. Musikalische Ausbildung im Spannungsfeld von Bühne und Forschung so zu gestalten, dass junge Menschen sich auf individuellen Wegen zum freiberuflich tätigen Künstler und Pädagogen entwickeln können. Eine Basis dafür ist es, die Musik als Spiegel und Kraftquelle der individuellen menschlichen Entwicklung zu erkennen. Die „menschenbildende“ Kraft der Musik – in alten Zeiten musica humana genannt – ist heute neu erfahrbar und kann in der künstlerischen beruflichen Praxis fruchtbar angewendet werden.

Für mich bedeutet „Ausbildung“, den Entwicklungsraum zur Verfügung zu stellen, in denen der Student seinen nächsten Schritt finden und gehen kann. Das geschieht heute zunehmend situativ und individuell und ist institutionell zwar planbar, jedoch nicht „machbar“.

Musikalische Phänomenologie ist für mich ein zentrales Fach in der Ausbildung. Hier ist eine doppelte Aktivität gefragt bei der Bemühung, die Eigenqualitäten der musikalischen Elemente zu erfahren: Zum einen die aktive Hinwendung, sich hörend und empfindend dem musikalischen Element zuwenden, zum anderen aktive Zurücknahme, so dass sich die Elemente selber aussprechen können. Es geht auf diesem Weg um eine Annäherung an die im Hintergrund wirksamen Urbilder und Archetypen.

Zu Dozenten 


Barbara Hanssen

Mich fasziniert beim Cellospielen besonders die Musik, die sich zwischen den einzelnen Tönen ereignet. Es bringt mich immer wieder zum Staunen, dass sich die Musik eigentlich nicht hören lässt. Sie ist dafür spürbar und gestaltbar als Geflecht von Spannungen, Bewegungen und Beziehungen zwischen den einzelnen hörbaren musikalischen Elementen.

So liegt mir vor allem die Ensemble- und Kammermusik am Herzen, wo es besonders auf dieses Gestalten von musikalischen Beziehungen ankommt. Z.B. nimmt ein einfacher Ton „g“ ganz verschiedene Rollen ein und muss anders intoniert und mit einer anderen Spannung musiziert werden, wenn er Grundton in einem G-Dur-Dreiklang ist, Quartvorhalt eines D-Dur-Dreiklangs, Terz im Es-Dur-Zusammenhang, Quinte von C-Dur oder Teil eines Clusters ist.

Auf eine andere Weise lebt dieses Interesse für das „Unhörbare“ der Musik für mich in zahlreichen Projekten in Verbindung von Musik und Eurythmie, die das Unhörbar-Musikalische der Musik sichtbar in Bewegung bringt.

Für die künstlerisch-pädagogische Ausbildung bei MenschMusik Hamburg ist mir ein besonderes Anliegen ein Umfeld zu gestalten, in dem die Kollegen und Studenten sich ermutigt fühlen, aus sich selbst heraus für andere aktiv und kreativ zu werden. Und dass diese individuelle Aktivität des Einzelnen in der Gemeinschaft einen Hör-Raum und ein Resonanzfeld findet, in dem sie wahrgenommen und aufgenommen wird und so als Teil eines gemeinsamen Prozesses über sich selbst hinaus wachsen kann.

Zu Dozenten